Flipped Classroom: Die Zeit in Präsenz besser nutzen

Lukas Weingarten 11. Februar 2022


Digitales Lehren und Lernen findet immer häufiger seinen Weg in die Klassenräume und Hörsäle. Neben den technischen Vorraussetzungen und Grundkenntnissen bedarf es vor allem die richtigen Lehrmethoden für effektives Blended Learning.

Die Methode "Flipped Classroom" oder "Inverted Classroom" nimmt Einfluss auf die grundlegende Gestaltung von Lerneinheiten. Wie der Name schon verrät, wird der Unterricht umgedreht – die Aktivitäten innerhalb und außerhalb des Hörsaals oder Klassenzimmers werden vertauscht.

In der Regel nehmen die Lernenden überwiegend passiv an Vorlesungen teil und folgen der vortragenden Person. In separaten Veranstaltungen oder zu Hause werden die Lehrinhalte dann angewendet und vertieft. Dieser Ablauf kann schnell zu Problemen führen.

Die klassische Vorlesung

Während dem Frontalunterricht ist es nicht leicht, die Aufmerksamkeit der Teilnehmenden über einen langen Zeitraum zu bündeln. Durch die unterschiedlichen Vorkenntnisse werden einige Lernende bereits zu Beginn abgehängt und können dem Unterricht nicht mehr folgen. Andere kennen die Inhalte schon und die Wiederholung führt zu Langeweile.

Die Anwendung der Lehrinhalte knüpft an das Gelernte in der Vorlesung an. Gibt es hier größere Lücken, wird man sich nicht in der Lage fühlen, die Aufgaben zu meistern. Auch die Hilfe von Mitstudierenden in Tutorien oder Übungen kann dann nur bedingt helfen. Oft ist eine Wiederholung der Vorlesungsinhalte zu Hause der einzige Weg, um bei der nächsten Veranstaltung gleichauf zu sein.

Unterricht umdrehen

Durch das Vertauschen der Lernaktivitäten findet die Vermittlung der Lehrinhalte nicht mehr in Präsenz, sondern zu Hause statt. Die Zeit in Präsenz wird für die Bearbeitung und Vertiefung der Inhalte genutzt.

Selbstlernphase

Die Studierenden können sich die Inhalte in ihrem individuellen Tempo aneignen – ganz egal wo und wann. Die digitalen Lernmaterialien werden dafür in geeigneter Form bereitgestellt. Das kann z. B. ein Video, in welchem die Präsenzvorlesung aufgezeichnet wurde oder ein Screencast sein. Ebenso können Foliensätze oder E-Learning-Kurse verwendet werden. Hier gibt es etliche Möglichkeiten – werden Sie kreativ!


Präsenzphase

Da sich die Studierenden jetzt bereits vor dem Zusammenkommen mit den Inhalten auseinandergesetzt haben, kann die wertvolle Zeit in Präsenz für interaktiven Unterricht genutzt werden.

Bevor mit der Bearbeitung von Aufgaben begonnen wird, sollte etwas Zeit für Unklarheiten oder Verständnisprobleme eingeplant werden. Diese sollten zu Beginn der Veranstaltungen geklärt werden, damit es nicht zu o. g. Problemen kommt.

Um außerdem sicherzustellen, dass sich die Teilnehmer ausreichend mit den Inhalten beschäftigt haben, hat es sich bewährt, kurze Quizzes durchzuführen. Mithilfe von webbasierten Echtzeitsystemen kann der Wissensstand von mehreren hundert Teilnehmenden innerhalb weniger Sekunden erfasst werden. Das gibt Aufschluss darüber, welche Themen ggf. priorisiert behandelt oder noch einmal vertieft werden sollten.


Während des eigentlichen Unterrichts kann dann das Erlernte mit dem Bearbeiten von Aufgaben vertieft werden. Je nach Situation können neben der unterstützenden Selbstbearbeitung auch unterschiedliche Methoden zum Einsatz kommen. Hierbei lohnt es sich, die Teilnehmenden und deren Wünsche bei der Gestaltung einzubeziehen.

Es ist generell sinnvoll, sich immer wieder Feedback von den Lernenden einzuholen. So können sowohl die Lerninhalte zur asynchronen Bearbeitung als auch die Gestaltung der Präsenzveranstaltungen stetig optimiert werden.

Für wen ist die Methode sinnvoll?

Flipped Classroom kann für einige sicherlich ein echter Game Changer sein. Dennoch ist die Methode nicht universell einsetzbar. Neben den technischen Voraussetzungen auf beiden Seiten ist ein gewisses Vertrauen gegenüber den Lernenden notwendig. Wenn sich die Teilnehmenden nicht selbstständig mit den Lerninhalten beschäftigen, werden diese auch in den Präsenzveranstaltungen wenig mitnehmen können. So können vor allem in der höheren Bildung und der Erwachsenenbildung gute Erfolge erzielt werden. Aber auch schon in der Mittel- und Oberstufe ist ein Einsatz denkbar, wenn die Rahmenbedingungen gegeben sind.

Abschließende Worte

Das Ausprobieren neuer Methoden in der Lehre bedarf Überwindung und ist immer mit Risiken verbunden. Mit der zunehmenden Nutzung digitaler Elemente in der Lehre hat sich die klassische Vorlesung jedoch vielerorts schon angepasst. Einige werden sich sicher denken "Genau so mache ich das doch schon!". Durch die Pandemie wurde die Zeit in Präsenz noch einmal wertvoller und viele Lehrveranstaltungen wurden bereits umstrukturiert.

Mein Tipp: Neue Methoden nach und nach in die Veranstaltungen implementieren und die Lernenden bei Entscheidungen einbeziehen.